"Photography is evidently a good way of getting to know
strangers!" Zur Zusammenarbeit von Derek Patmore und Herbert List
(Th. Wiegand)
Kolumne
Fotoausstellungen (IV): Lose Fäden, Verknüpfungen
&endash; Fotografie als Kunst. Tamara Grcic, William Eggleston,
Andy Warhol, Thomas Ruff (Carolin
Förster)
Tamara Grcic: Mich interessiert nicht das Herstellen von Dingen,
sondern das Auffinden - William Eggleston: I am at war with the
obvious - Andy Warhol: I ... didn't believe in art, but in
photography - Thomas Ruff: Ich habe an einer Kunstakademie eine
Ausbildung erhalten, also ist das, was ich mache, Kunst -
Anmerkungen - Adressen
Wasserschaden: Konservatorische Aufarbeitung von Fotografien
(M. Bortfeldt) Wasserschäden sind diejenigen Katastrophen, die in
Archiven am häufigsten vorkommen. Für sie gibt es die
verschiedensten Ursachen: tropfende Leitungen, Rohrbrüche
oder Überschwemmungen von Löschwassereinsätzen nach
einem Brand etc. Zwar erscheinen ein Brand oder eine
Überschwemmung in der Praxis unwahrscheinlich. Bei
Klimaanlagen und Wasserleitungen in den Magazinräumen ist die
Gefahr einer tropfenden Leitung jedoch allgegenwärtig.
Zugleich kann schon eine geringe Menge Wasser Fotografien
innerhalb kurzer Zeit vollständig vernichten: Die
Gelatineschicht wird durch Wasser so stark abgebaut, daß sie
sich - und damit das Bild - darin auflöst. Gleichzeitig kann
sich Schimmel bilden.
Sofortmaßnahmen - Konzept für eine konservatorische
Aufarbeitung - Schimmelbefall - Separieren der verklebten
Fotografien - Ausgeblutete Beschriftung/Farbstoffe - Gewanderte
Klebstoffe - Zustand der Bildschicht in Abhängigkeit zur
Verpackung - Schlußbemerkung
Fortbildung
Leipzig: Fiktive Realitäten &endash; ein realer Workshop
über fotografische Fiktionen (A. Krase) Titel und Themenstellung der Veranstaltung entsprachen auf den
ersten Blick ganz dem Klischee des für die klassische
Kunstwissenschaft zulässigen Themenspektrums: "Fiktive
Realitäten: Fotografie und der Charakter des
Dokumentarischen" (1. Leipziger Fotografie-Workshop des Instituts
für Kunstgeschichte der Universität Leipzig, 8. Dezember
2001). Die Frage nach der besonderen Verbindung zwischen
fotografischer Abbildung und Realität gehört zu den
Standards seit Einführung der Fotografie. Und seit durch die
digitalen Medien das Verhältnis zwischen technischem Bild und
Wirklichkeit noch deutlicher problematisiert worden ist, wird die
historische und theoretische Erörterung der Fotografie
häufig gänzlich dem Diskurs um "Medialität" und
"Virtualität" zugeschlagen. Die Veranstalter - das Institut
für Kunstgeschichte der Universität Leipzig -
signalisierten aber auch anderes: Der Titel "Workshop" versprach
ein prinzipiell offenes Verhältnis zwischen vortragendem
Reden und gemeinschaftlich ausgeübtem Nachdenken. Und wer die
Kurzbeschreibungen der angekündigten Beiträge las,
konnte demnach erwarten, daß es mit (einer Ausnahme) allen -
Referentinnen - immer auch um konkrete Bildbestände und
historische Zusammenhänge gehen würde.
Inszenierte Wahrheit: Der Krieg im Bild / Bilder vom Krieg
(L. Jockheck) Am 12. und 13. Oktober 2001 fand im Warburg-Haus Hamburg eine
Tagung des Seminars für Geschichtswissenschaft der
Universität der Bundeswehr Hamburg in Verbindung mit dem
Arbeitskreis Historische Bildforschung am Historischen Seminar der
Universität Hamburg statt zum Thema und unter dem Titel
"Inszenierte Wahrheit. Der Krieg im Bild / Bilder vom Krieg". In
seinem Grußwort an die Tagungsteilnehmer sprach Rainer
Postel (Hamburg) im Namen des Seminars für
Geschichtswissenschaft der Universität der Bundeswehr Hamburg
die "beklemmende Aktualität" des Tagungsthemas an, indem er
auf die Manipulierbarkeit des Bildmaterials vom aktuellen
Geschehen in den USA und in Zentralasien hinwies, von wo uns
Bilder erreichten, "die zeigen, was wir sehen sollen, und
ausblenden, was wir nicht sehen sollen". Deshalb seien die
Historiker um so mehr aufgefordert, sich mit dem Bild als Quelle
auseinanderzu etzen. Allzu lange Zeit sei die Deutung von Bildern
ein Reservat der Kunstgeschichte gewesen, in das Historiker sich
erst allmählich mit Mitteln der historischen Bildkunde
(Rainer Wohlfeil) und der politischen Ikonographie in der
Tradition Aby Warburgs vorgewagt hätten. Universität Hamburg, Arbeitskreis Historische
Bildforschung: http://www.rrz.uni-hamburg.de/bildforschung
Wolfsburg: Atelier Heidersberger (rodrian@gmx.demailto:rodrian@gmx.de) Heinrich Heidersberger, Jahrgang 1906, setzt sich seit Ende der
1920er Jahre mit dem Medium Fotografie auseinander. Die Neugierde
an ihren Möglichkeiten treibt ihn bis heute um. In den 1950er
Jahren wurde er mit Architekturfotografien und Experimenten mit
der generativen Fotografie bekannt. Ihn jedoch auf diese Genres zu
begrenzen, würde das Werk seiner Komplexität berauben
und Beziehungen zwischen den einzelnen Werkgruppen unterschlagen.
Lange blieb die Gesamtheit des Werkes und das vielfältige
Leben Heinrich Heidersbergers, der seit 1961 in Wolfsburg lebt und
dessen Atelier und Archiv sich im dortigen Schloß befindet,
nahezu unentdeckt. Im Sommer 1999 bemühte sich Benjamin
Heidersberger zusammen mit Reinhold Mißelbeck, dem damaligen
Leiter der Abteilung Fotografie und Medien am Museum Ludwig in
Köln, Maßnahmen zur Sicherung und dem Erhalt des Werkes
von Heinrich Heidersberger einzuleiten. Sie werden vom Autor
dieser Darstellung in Zusammenarbeit mit dem Fotografen und dessen
Sohn konzipiert und durchgeführt Ausgangslage - Maßnahmen - Archivdatenbank - Labor -
Rhythmograph - Dokumentation - Öffentlichkeitsarbeit -
Resümee
Rostock: Die Sammlung Dr. Wolfgang Baier (A. Karge) Das Kulturhistorische Museum Rostock, ein Haus mit
140jähriger Geschichte, bewahrt in seinen Sammlungen zur
Kunst- und Kulturgeschichte der Hansestadt Rostock auch einen etwa
10.000 Objekte umfassenden Bestand zum Thema Fotografie. In der
Hauptsache handelt es sich hierbei um Negative und
Originalabzüge, es finden sich jedoch auch Fotoapparate,
Betrachtungsgeräte, Alben u.v.a.m. Herzstück der
fotografischen Sammlung ist eine Kollektion aus dem Nachlaß
des Rostocker Gymnasiallehrers und Fotografie-Historikers Dr.
Wolfgang Baier.
Berlin/Dresden: Der Nachlaß Christian Borchert (I)
(U.
Domröse) Die Bedeutung des Fotografen Christian Borchert (1942-2000)
läßt sich nicht dadurch erklären, daß er
besonders auffällig agierte oder gar im Rampenlicht gestanden
hätte. Vielmehr war es so, daß er eine gewisse Distanz
suchte, um desto konzentrierter anwesend zu sein. Solch
Bedürfnis nach Abstand zu den Dingen und Ereignissen zeigen
auch seine Bilder. Es sind unprätentiöse Aufnahmen vom
Alltagsgeschehen, Gruppen- und Einzelporträts und seltener
auch Architektur- und Landschaftsfotografien. Sie alle sind in der
DDR und auch nach 1989 an praktisch denselben Orten entstanden.
Außerdem gibt es eine Anzahl Bilder, die er auf seinen
Reisen nach Ungarn, Polen, Rumänien und später nach
Frankreich, Italien und Griechenland fotografierte. Die Menschen
auf seinen Bildern scheinen mit sich und mit ihren Gedanken
beschäftigt, und so bleiben die Beweggründe für ihr
Tun eher rätselhaft. Er suchte keine symbolhaften Aussagen
über die gesellschaftlichen Herausforderungen seiner Zeit
oder über existentielle Fragestellungen, und doch
erzählen seine Bilder viel über das Lebensgefühl
der Menschen und über die Grundstimmung in der Gesellschaft.
Berlin/Dresden: Der Nachlaß Christian Borchert (II)
(A. Klauke) Nach dem plötzlichen Tod Christian Borcherts am 15. Juli
2000 galt es, sein umfangreiches fotografisches und
fotohistorisches Archiv in seiner Geschlossenheit zu erhalten und
wissenschaftlicher Bearbeitung zugänglich zu machen. In einer
seltenen und erfreulichen Weise haben sich drei Institutionen
zusammengeschlossen, um den Nachlaß zu sichern: die
Sächsische Landesbibliothek, Staats- und
Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), die Berlinische
Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Photographie und
Architektur und das Kupferstich-Kabinett der Staatlichen
Kunstsammlungen Dresden. In die Deutsche Fotothek sind ca. 10.000
Arbeitsabzüge auf unterschiedlichen Papierformaten, ca.
230.000 Negative und ca. 5.500 Diapositive gelangt; der gesamte
schriftliche Nachlaß mit einer umfangreichen Sammlung von
Publikationen, Katalogen, Faltblättern und
Zeitungsausschnitten wurde in die Handschriftenabteilung der SLUB
überführt. Mit Unterstützung der ZEIT-Stiftung
Ebelin und Gerd Bucerius hat dort die Erfassung in Datenbanken
(BIDOK bzw. AllegroHANS) mittlerweile begonnen.
Berlin - Ausstellungen - Erstinventarisation - Ankäufe
Ausstellungen
Berlin: Holocaust". Eine Ausstellung und einige Motive
ihres Beschreibens (B.-M.
Baumunk) In einem Besucherbuch der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen
aus dem Jahre 1968 findet sich der Eintrag "Tief beeindruckt sind
wir von den Greueltaten, die der deutsche Hitler-Faschismus an
Millionen von Menschen verübt hat" - ein ungeübter
Delegationsleiter mochte sich im Stereotypen-Vorrat vergriffen
haben. Berlin 2002: "Schwer zu fassende Epoche, schwer zu fassen
an politischer Tragweite, schwer zu fassen, was menschliche
Schicksale angeht": wer hier so schwer erfaßt, bezeichnet
den Holocaust als "unnennbar", führt jedoch damit in das
visuelle Medium Ausstellung ein - der Logos hat sich dem Bild
nachgeordnet. "Bild" freilich versteht sich hier in einem sehr
erweiterten Sinne: die Fotografie, der vermeintlich sicherste
eidetische Grundstoff für Geschichtsdokumentationen, stellt -
und die Turbulenzen um die "Wehrmachtsausstellung" mögen eine
Ursache gewesen sein - nur ein visuelles Element unter vielen in
dieser Ausstellung dar. Ihr Fundament und Wagnis zugleich bildet
vor allem die Hinterlassenschaft von Menschen, die in die
Mühlen der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik
geraten waren.
In Szene gesetzt: Architektur in der Fotografie der Gegenwart
(R.
Sachsse)
Dokumentationsfotografie
DFG-Projekt Fachgeschichte der volkskundlichen
Fotografie" (II) (U.
Hägele) In den volkskundlichen Instituten und Museen lagert heute eine
fast unüberschaubare Menge von Fotografien. Sie zeigen
Trachten, Bauernhäuser, rurale Gerätschaften,
Fasnachtskostüme, Votivtafeln, brauchtümliche Handlungen
und Menschen. Vor dem Hintergrund einer durch Industrialisierung,
Mobilität und Verstädterung langsam verschwindenden
Volkskultur entstanden die Bilder aus einem heute zwanghaft
anmutenden Bestreben nach allumfassender Dokumentation: Sammeln
als pathologischer Akt bürgerlicher Sinnstiftung - das
Museumsarchiv eine Bewahranstalt, die fotografische Bilder in
einen Dornröschenschlaf versetzt.
Fotografie und Volkskunde zwischen den Kriegen - Fotografie als
ethnographische Methode - Fotografie als Dokument - Völkische
Fotografie - Anmerkungen
Prometheus: Das verteilte digitale Bildarchiv für
Forschung und Lehre (D.
Haffner) In den universitären Fächern Kunstgeschichte und
Archäologie stehen reproduzierte und projizierte Bilder im
Mittelpunkt der Lehre. Mit Hilfe von Dias werden Forschungs- und
Unterrichtsgegenstände in den allermeisten Veranstaltungen
veranschaulicht. Seit der Weiterentwicklung der neuen
Medientechniken, vor allem im Bereich der digitalen
Bildverarbeitung und -projektion, begannen einzelne Institute mit
dem Aufbau einer digitalen Diathek. Aufgrund des
äußerst umfangreichen Bildmaterials, der stets
begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen und nicht
zuletzt der Möglichkeiten des Internets lag die Idee eines
verteilten digitalen Bildarchivs nahe - das Projekt "Prometheus"
war geboren. Module - Datenbanken - Schule des Sehens - Anmerkungen
D-München: Symposium Fotografie und Recht"
(K. Tauscher) Im Fotomuseum des Münchner Stadtmuseums fand am 29.
November 2001 im Rahmen des Stipendienprogrammes "Museumskuratoren
für Fotografie" der Alfried Krupp von Bohlen und
Halbach-Stiftung ein Symposium zum Thema "Fotografie und Recht"
statt. Obwohl die Veranstalter, das Münchner Stadtmuseum, das
Essener Folkwang-Museum und das Kupferstich-Kabinett Dresden,
kurzfristig eingeladen hatten, kamen ca. 200 Interessenten, um
sich mit einer Problematik zu beschäftigen, die sowohl durch
die rasante Entwicklung neuer Techniken für das Medium
Fotografie und den daraus folgenden Verwertungsmöglichkeiten
als auch durch die seit 1995 stattgefundenen Reformen der
deutschen und die geplante Anpassung in der europäischen
Gesetzgebung immer komplizierter wird.
Literatur
Handbuch: Einführung in die Sammlungsdokumentation
(Th. Rosemann) Sammlungsdokumentation : Geschichte, Wege, Beispiele /
[Red.: Monika Dreykorn ...]. - München [etc.]
: Deutscher Kunstverlag, 2001. - 255 S. : Ill., z. T. farbig ; 24
cm (Museums-Bausteine ; 6). ISBN: 3-422-06307-2
50 Jahre DGPh: Eine Festschrift als Selbstdarstellung
(Th. Wiegand) Zwischen Wissenschaft und Kunst. 50 Jahre Deutsche Gesellschaft
für Photographie, hg. v. Manfred Heiting, Steidl Verlag,
Göttingen 2001, ISBN 3-88243-796-0, 49 EUR.
Wirtschaftsgeschichte: 75 Jahre Zeiss Ikon AG (R.
Sachsse) 75 Jahre Zeiss Ikon AG Dresden. Aspekte der Entwicklung des
1926 gegründeten Industrieunternehmens, hg. von der TU
Dresden und den Technischen Sammlungen Dresden (= Thesaurus 3),
Dresden 2001, ISBN 3-9806403-3-0, 8 EUR.